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October 9, 2025 11 mins

Von Dampfkraft zu Benzinmotoren: Bayerns Landwirtschaft 1906 an der Schwelle zur Moderne


Quelle: ZLF: Verzeichnis der zur landwirtschaftlichen Ausstellung auf der Theresienwiese angemeldeten Maschinen, Geräte und Tiere abgerufen: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00009331

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Episode Transcript

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(00:00):
Herzlich Willkommen zu unserer heutigen Erkundung.
Wir haben hier was wirklich Spannendes vor uns.
Ja, Hallo, auch von meiner Seite.
Ein Verzeichnis zur landwirtschaftlichen Ausstellung
auf der Münchner Tresienwiese. Und zwar von 1906.
Genau, der Titel ist schon sehr aussagekräftig.
Verzeichnis der zur landwirtschaftlichen Ausstellung

(00:21):
auf der Theresienwiese angemeldeten Maschinen, Geräte
und Tiere. Und es gab sogar einen Extrateil
für Butter und Käse, also molkereierzeugnisse.
Richtig, was können wir also ausdiesem ja Schnappschuss der
bayerischen Landwirtschaft für Sie herausholen?
Wir wollen mal schauen, was dieses Dokument uns über
Technik, Industrie und Tierzuchtdamals verrät.

(00:42):
Es ist im Grunde eine kleine Zeitreise oder ein Blick in eine
Welt im Wandel. Absolut.
Wir schauen uns die Maschinen an, die Molkereitechnik damals
sicher hochmodern und natürlich die Tiere.
Pferde, Rinder, Schweine. Eine beeindruckende Vielfalt
wird da schon im Inhaltsverzeichnis deutlich.
Okay dann packen wir das mal aus.

(01:02):
Fangen wir doch bei den Maschinen und Geräten an, was
mir sofort auffällt, die etablierte Dampfkraft ist noch
voll da, oder? Ja, absolut.
Das sieht man sofort. Die großen Namen, die großen
Maschinen. Heinrich Lanz aus Mannheim zum
Beispiel, der hatte eine stationäre 50 PS
Heißdampflokomobile dabei. Das war ne, ja gewaltige

(01:24):
Kraftquelle für die damalige Zeit.
Kann man sich vorstellen. Und natürlich auch fahrbare
Dampfdreschmaschinen Lokomobilenvon anderen Firmen wie Apple und
Buchsbaum. Das war halt die Power für die
schweren Arbeiten, gerade auf größeren Höfen.
Und gleichzeitig, und das finde ich ja wirklich spannend,
kündigt sich schon die nächste Welle an, die
Verbrennungsmotoren. Genau da sind etliche

(01:46):
Benzinmotoren gelistet. So von ein PS bis 8 PS, von
Deutsch Anton Schlüter sogar ausMünchen selbst.
Ja, die Münchner Motorenfabrik war auch dabei.
Und Sauggasmotoren gab S auch schon Deutz und Schlüter wieder,
das war ja dann wohl eine günstigere Alternative.
Das kann man annehmen. Ja, es zeigt diesen Übergang,

(02:07):
die Dampftechnik, die war etabliert, ausgereift, aber die
Verbrenner, die waren flexibler,oft kleiner.
Das deutet auf eine Zukunft hin,wo auch mittlere und vielleicht
kleinere Betriebe motorisieren konnten.
Also nicht nur die ganz großen. Richtig.
Und was ich besonders aufschlussreich finde, ist diese
erwähnte 20 PS Kraftgasmaschinenanlage von der

(02:30):
G. Luther AG.
Ja, die war speziell für Torfeuerung ausgelegt.
Aha, und das zeigt doch wunderbar, wie man versucht hat,
neue Technologien an die lokalenBedingungen anzupassen.
In Bayern gab's eben Torf. Und den hat man dann genutzt.
Clever. Sicher ein wichtiger Punkt, um
die Akzeptanz zu fördern. Neben diesen Kraftquellen ist
aber auch die schiere Menge an Spezialgeräten bemerkenswert für

(02:54):
jeden Arbeitsschritt. Quasi ja.
Das ist Wahnsinn. Nehmen wir mal die
Bodenbearbeitung. Da gibt s Flüge ohne Ende,
verschiedene Systeme, Stahlflügevon IG Dobler aus Landsberg und
dann diese unglaubliche Vielfaltan Ecken, Wiesenecken,
Ackerecken, Scheibenecken, Sternratecken.
Sogar mit Markennamen wie WenzkyGreif.

(03:14):
Das ist eben nicht mehr nur der eine Flug für alles.
Das zeigt diesen enormen Fokus auf Effizienz, ja auf
Optimierung für jeden Boden, fürjeden Zwick das passende Gerät,
das ist schon fast industriellesDenken in der Landwirtschaft.
Und sie haben ja auch explizit genannte Fabriken erwähnt.
Genau wie die Münchner Eckenfabrik Fischer und Stefan

(03:35):
oder die oberbayerische Flugfabrik IG Dobler.
Das zeigt. Das Handwerk tritt zurück, die
industrielle Produktion von Landtechnik kommt.
Und das zieht sich ja durch Aussaat, Ernte, Sämaschinen wie
Würze, Burgia mehr für Gras und Getreide, Heuwender, rechen
sogar schon kartoffelerntemaschinen.

(03:55):
Wahnsinn, ja. Und dann die Verarbeitung.
Dreschmaschinen, klar, aber auchSchrotmühlen, Rübenschneider,
Futterschneidmaschinen, Futterdämpfer, Obstpressen,
weinpressen, ah. Kartoffelquetschmaschinen,
sortiermaschinen, Waschmaschinenfür Kartoffeln.
Man wollte offenbar wirklich jeden Handgriff optimieren,
zeitsparen Ertrag maximieren. Genau darum ging es.

(04:18):
Von der Saatgutreinigung mit Trion bis zur Futteraufbereitung
alles zielte auf Professionalisierung.
Sogar die Jauchepumpen und Düngerstreuer wie diese
Westfalia. Die zeigen ja auch, die
Nährstoffkreisläufe sollten effizienter werden.
Und die Landwirtschaft steht ja nicht allein da.
Im Verzeichnis sind auch Anbieter für Holzbearbeitung,
Ziegelmaschinen, Feuerspritzen. Wagen aller Art bis zur

(04:42):
Fuhrwerkswaage mit Belegdruck. Ja und Aufzüge, sogar
Waschmaschinen. Das zeigt eben, die
Landwirtschaft war ein wichtigerWirtschaftsfaktor.
Ein Motor für den Maschinenbau, für Dienstleistungen.
Stimmt. Und ein kleines, aber feines
Detail sind ja auch diese Desinfektionsmittel, stalinol
Ratol. Ah ja, gegen Schädlinge und für

(05:03):
Hygiene. Genau das deutet auf ein
wachsendes Bewusstsein für Hygiene hin.
Wichtig bei größeren Tierbeständen und
Intensivierung, ja. Logisch, dieser Gedanke der
Professionalisierung, der Standardisierung.
Der setzt sich ja nahtlos fort, wenn wir zum nächsten Kapitel
kommen. Molkereiausrüstung.
Oh ja. Da dominieren ganz klar die

(05:23):
Milchzentrifugen, die Separatoren, ja.
Das war die Schlüsseltechnologiedamals für die moderne
Milchwirtschaft. Warum genau?
Weil sie die schnelle, effiziente Trennung von Rahm und
Magermilch ermöglichten. Das war die Basis für Butter und
Käseproduktion im großen Stil. Kommerziell eben.
Verstehe und Namen wie Alpha Laval kennt man ja heute noch.

(05:46):
Richtig, aber es gab auch viele deutsche Anbieter, Eckhart,
Hanser, Adler, Baltic und so weiter.
Und was hier wieder auffällt, die Bandbreite kleine
Handzentrifugen für den einzelnen Hof vielleicht.
Ja, so ab 50 Liter pro Stunde und dann die großen
kraftbetriebenen Maschinen Baltic bis zu 4000 Liter pro

(06:07):
Stunde, das ist ja schon Industrie.
Absolut. Das zeigt, die Technologie war
skalierbar für den Direktvermarkter bis zur
Großmolkerei. Und Drumherum dann alles weitere
Butterfässer, Kneter, Milchvorwärmer, Kühlanlagen.
Milchprüfinstrumente zur Qualitätskontrolle das ganze
System wurde Technisiert. Es gab hier auch richtige

(06:29):
Spezialhändler wie diese Zentralmolkereibüros.
Und sogar Hoflieferanten wie FX Schmidt aus München.
Das zeigt, da hat sich ein eigener Markt etabliert mit
spezialisierten Anbietern. Und was mich auch überrascht
hat, neben Eisschränken gab es schon homogenisiermaschinen.
Das ist wirklich bemerkenswert für 1906 es zeigt, dass nicht

(06:53):
nur die Rohproduktion, sondern auch die Veredelung, die
Verarbeitung technologisch immeranspruchsvoller wurde.
Man wollte also haltbare, standardisierte Produkte.
Für einen größeren Markt. Genau darum ging s.
Qualität. Haltbarkeit.
Gut verlassen wir die Maschinenwelt, schauen wir auf
die Tiere, die Tierausstellung auch hier hochorganisiert.

(07:14):
Fangen wir mal mit den Pferden an, die Kategorien sind ja total
zweckorientiert, leichter Wagenschlag, starker
Wagenschlag, schwerer Frachtschlag ja klar, Pferde
waren ja das Transportmittel unddie Arbeitskraft auf dem Feld.
Vor der Motorisierung ging ohne sie fast nichts.
Stimmt, deshalb waren die Zuchtziele ganz klar auf die
Nutzung ausgerichtet. Schnelle Pferde für die Kutsche,

(07:37):
kräftige für den Wagen, robuste Kaltblüter für den Acker.
Und die Aussteller kamen aus allen Schichten, vom Adel bis
zum Bauern. Sogar ne Fohlenaufzuchtanstalt
war dabei. Das zeigt, wie breit das
Interesse an guter Pferdezucht war.
Beim Rindvieh wird s dann ja fast schon bürokratisch.
Diese ganzen Abkürzungen für dieZuchtverbände OZZNAHG.

(08:03):
Ja, aber das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Diese Zuchtverbände und Herdbuchgesellschaften waren der
Schlüssel zur systematischen Verbesserung der Rinderzucht in
Bayern. Aha, man wollte weg vom Zufall
hin zur gezielten Zuchtaufleistung Milch, Fleisch,
Arbeitskraft oder eben kombiniert wie beim Fleck, wie?
Und dieses Verzeichnis zeigt, wie etabliert das 1906 schon

(08:25):
war. Genau diese.
Diese Strukturen waren da. Und die Vielfalt Allgäuer
Bayrisches Rotvieh gelbes, Frankenvieh, Pinzgauer, sogar
dieses Getigerte Ansbach triesdorfer Rind.
Ja, faszinierend. Und natürlich das Fleckvieh als
Siementale Rheinzucht bezeichnet.
Aus fast allen Regionen Bayerns.Das ist ja ne enorme regionale

(08:48):
Prägung. Das ist typisch für die Zeit,
angepasst an lokale Bedingungen und Traditionen.
Aber gleichzeitig sieht man durch die Verbände und die
detaillierte Klasseneinteilung der Tiere bei der Ausstellung.
Nach Alter und Zähnen, ja. Das Bemühen um Standards, um
Vergleichbarkeit der Zuchtleistung.
Und wieder verschiedene Aussteller, große Güter, aber
eben auch viele Zuchtgenossenschaften.

(09:09):
Richtig, das unterstreicht diesen genossenschaftlichen
Gedanken, der bei der Zuchtverbesserung eine große
Rolle spielte. Und zum Schluss noch kurz die
Schweine. Auch hier klare Einteilung,
weiße Edelschweine, veredelte Landschweine.
Einfache Landschweine, Eber, Sauen.
Die Schweinezucht war natürlich wichtig für die Ernährung und

(09:29):
die landwirtschaftlichen Kreisläufe und die Kategorien
zeigen auch hier, man wollte Verbesserung weg vom reinen
Landschwein hin zum Edelschwein mit mehr Fleisch.
Und staatliche Zuchtstationen spielten eine Rolle wie
Landsberg oder Almesbach. Ja, die waren wichtig für die
Verbreitung von gutem Zuchtmaterial und Wissen um die
Schweinehaltung effizienter zu machen.

(09:50):
Also wenn wir das jetzt mal zusammenfassen.
Was bedeutet das alles für Sie? Wenn wir dieses Verzeichnis von
1906 anschauen? Für mich ist das eine bayerische
Landwirtschaft an der Schwelle zur Moderne, Man sieht die
Faszination für neue Technik, Dampf, die ersten Verbrenner, ja
man sieht eine krasse Professionalisierung, etwa in

(10:11):
der Milchverarbeitung und vor allem diese unglaublich
organisierte Tierzucht. Regional, aber eben in Verbänden
organisiert. Genau, es ist so ne
Momentaufnahme einer Branche im Aufbruch, die sich mehr und mehr
als Wirtschaftsunternehmen versteht.
Absolut. Es ist eine Zeitkapsel.

(10:32):
Sie zeigt nicht nur die Technik,sondern auch die ökonomischen
Strukturen, Hersteller, Händler,zuchtverbände, man sieht das
Streben nach Effizienz, nach Qualität, nach Organisation
überall, und es gibt eben diesendetaillierten Einblick in die
Agrarlandschaft Bayerns Anfang des 20.
Jahrhunderts. Die Industrialisierung kommt an,
aber das Regionale ist noch sehrstark.

(10:53):
Ja, beides ist sichtbar. Ein faszinierender Mix.
Und vielleicht ein Gedanke, den sie mitnehmen können.
Stellen sie sich mal vor, wieso ein Verzeichnis heute aussehen
würde von einer modernen Landwirtschaftsausstellung, na
ja, welche Technologien hören dadominant die?
Digitalisierung, Robotik, Biotechnologie.
Ganz andere Schlagworte. Und welche Tierrassen?

(11:14):
Was sagt uns dieser Vergleich über die ja unglaublichen
Veränderungen im letzten Jahrhundert?
Eine spannende Frage zum Weiterdenken.
Das war unsere Analyse dieses historischen Dokuments für
heute. Vielen Dank fürs Dabeisein.
Ja, danke auch von mir. Machen Sie es gut.
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