In dieser Folge geht Dr. Oliver Ratajczak der zentralen Frage nach, warum Change-Management-Projekte – insbesondere im IT-Bereich – so häufig scheitern und liefert dazu spannende Insights aus seiner langjährigen Beratungspraxis. Er macht deutlich, dass erfolgreiche Veränderungen im Unternehmen wesentlich weniger mit Technologie („Bits und Bytes“) als vielmehr mit menschlichen Faktoren wie Motivation, Gewohnheiten und Befindlichkeiten zu tun haben.
Ausgangspunkt jeder Veränderung sind demnach meist neue Anforderungen – sei es aufgrund rechtlicher Vorgaben, strategischer Entscheidungen oder innovativer Ideen des Managements. Sobald IT-Systeme angepasst oder eingeführt werden, sind automatisch auch Prozesse und Arbeitsweisen betroffen, was von den Mitarbeitenden oft als Bedrohung für das eigene Wissen und die eigene Position empfunden wird. Besonders kritisch ist es, wenn jahrzehntelang eingespieltes Expertenwissen plötzlich entwertet erscheint und jüngere Kolleg:innen scheinbar besser mit moderner Technologie zurechtkommen. Hier entstehen Ängste, Widerstände und gelegentlich auch Verweigerungshaltungen.
Oliver Ratajczak kritisiert, dass Change-Management-Projekte allzu oft formal abgewickelt werden: Eine umfangreiche Dokumentation wird erstellt, ein Handbuch verteilt, das Thema wird auf der To-do-Liste abgehakt. Wirklich entscheidend sei jedoch, aktiv die Mitarbeitenden zu beteiligen, ihre Ängste ernst zu nehmen und eine verständliche, menschliche Kommunikation auf Augenhöhe zu fördern. Erfolgreiche Change-Projekte beruhen darauf, dass die Betroffenen die Notwendigkeit der Veränderung nachvollziehen können und daraus idealerweise auch eigene Vorteile für ihre tägliche Arbeit erkennen.
Ein häufiges Problem sei außerdem, dass der tatsächliche Aufwand für das „Mitnehmen“ der Belegschaft systematisch unterschätzt werde – auch von IT-Dienstleistern, die diese Kosten nicht transparent machen. Als Faustformel rät Ratajczak, den internen Aufwand für Schulungen, Kommunikation und Change-Begleitung mit mindestens dem 2,5-fachen des eigentlichen IT-Projektbudgets zu veranschlagen. Diese Herangehensweise mag im ersten Moment erschrecken, spiegelt aber aus seiner Erfahrung die Realität aus erfolgreichen und gescheiterten Projekten wider. Wer den Faktor Mensch ignoriert, riskiert massive Fehlinvestitionen – bis hin zu prominenten Beispielen wie gescheiterten SAP-Rollouts im Milliardenbereich.
Er appelliert an Führungskräfte, Change nicht als einmaliges Projekt, sondern als ständigen, kommunikativen Prozess zu verstehen. Entscheidend sei, dialogorientiert zu agieren, zuzuhören, Feedback auszuwerten und kontinuierlich darauf zu reagieren. Es gilt, förderliche Rahmenbedingungen für eine konstruktive Fehlerkultur und ein offenes Arbeitsklima zu schaffen. Denn ein Mitarbeiter, der den Sinn und Nutzen der Veränderung erkennt, wird sich eher engagieren und mitziehen. Dabei können unterschiedliche Kommunikationsformen – von internen Podcasts bis hin zu Community-Plattformen – helfen, relevante Informationen häppchenweise zielgruppengerecht zu vermitteln.
Abschließend betont Oliver Ratajczak, dass Veränderung nie Selbstzweck ist, sondern der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit dient. Investitionen in Technik allein reichen nicht – entscheidend ist die Bereitschaft, Zeit, Empathie und echtes Interesse für die Belange der Mitarbeitenden aufzubringen.
Dein Coffee Talk mit Dr. Oliver Ratajczak: https://unternehmenschemie.de/coffee-talk/ | Weitere Folgen des Unternehmenschemie-Podcasts: https://unternehmenschemie.de/podcast/